Es ist eine Chance!

Veröffentlicht am 02.12.2019 in Bundespolitik

Eine Mehrheit der Mitglieder hat zweimal für eine GroKo gestimmt.

Eine Mehrheit der Mitglieder hat jetzt für Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken als neue Vorsitzende gestimmt.

Dazu meine Einschätzung:

Ein Austritt aus der GroKo zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht ausgemacht. Es gibt eine Revisionsklausel im Koalitionsvertrag, die genau die Nachverhandlungen vorsieht, die seitens SPD jetzt gefordert werden. Ob es dann sinnvoll ist, weiter bis zur nächsten Bundestagswahl zusammenzuarbeiten oder vorzeitig zu wählen oder in einer Minderheitenregierung zu arbeiten, wird man sehen. Die Anträge für die Nachverhandlungen sind übrigens längst geschrieben und werden auf dem Parteitag verhandelt. Diese Anträge wären auch verhandelt worden, wenn das andere Duo „gewonnen“ hätte.

Norbert Walter-Borjans steht für kompetente sozialdemokratische Finanzpolitik. Richtigerweise rückt er die Frage nach dem Sinn der schwarzen Null in den Vordergrund. Die Änderung der bisherigen Sparpolitik ist nach meiner Auffassung existenziell; nur so können wir unseren Kindern und Kindeskindern ein Land hinterlassen mit funktionierender Infrastruktur und guter Gemeinschaft. Tot gesparte Kommunen, marode Schulen und Sporthallen, geschlossene Schwimmbäder. Das alles wissen wir als Kommunalpolitiker*innen aus erster Hand.

Das Duo Esken und Walter-Borjans wird der SPD den Raum geben für Veränderung; Veränderung von Inhalten und von Politikstil. Beides braucht die SPD unbedingt. Dass eine Mehrheit der Mitglieder, die abgestimmt haben, dies so sieht, ist gut. Dass doch so viele gar nicht teilgenommen haben, liegt sicher auch am (zähen, technisch nicht ganz einfachen und langwierigen) Verfahren. Da gibt es noch Verbesserungspotential.

Es zeigt sich, gerade durch die Reaktion der Medien, der anderen Parteien und einiger Verbände, Firmen usw., dass die SPD-Mitglieder offenbar richtig gewählt haben. Denn es muss nicht dem politischen Gegner gefallen und auch nicht all jenen Verbänden und Unternehmen, die mit umfassender Lobbyarbeit immer für ihr eigenes Wohl, aber nicht immer für das Gemeinwohl unterwegs sind. Dass es so viele verbale Entgleisungen gibt und selbst die einfachsten Regeln des Anstandes nicht eingehalten werden, hat mich dennoch überrascht. Panik?

Ich weiß, dass die Kompromisse, die die SPD in großen Koalitionen schließt, zum Wohl unseres Landes geschlossen werden. Dennoch werden sie von einer Mehrheit der Menschen nicht gewürdigt, obwohl sicher allen klar ist, dass unser Land mit CDU (und weiteren konservativen Parteien) in Reinform ganz anders aussähe: Ohne Mindestlohn, mit Atomkraft, um nur zwei Beispiele zu nennen. Gute Arbeit gemacht macht in der Großen Koalition vor allem die SPD. Mietendeckel, Paketbotenschutz, Klimaschutz, Grundrente …

Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich trotz dieser Erfolge gegen die GroKo und auch gegen ein „Weiter so“ bin.

Ob es aber jetzt Sinn macht, weiter in der Regierung zu bleiben oder in die Opposition zu gehen, wird der Parteitag entscheiden, werden die Verhandlungen in der Regierung ergeben.

Lasst uns gemeinsam für eine bessere SPD arbeiten. Für ein gutes Angebot für alle Menschen, für die solidarische Gesellschaft, für Kommunen, die für ihre Bevölkerung gute Arbeit machen können und für eine Welt, in der auch noch Generationen nach uns gut leben können. Freundschaft!