Zum Bürgerentscheid

Mehrheit ist Mehrheit

Eine Mehrheit der Bonnerinnen und Bonner hat im Bürgerentscheid gegen die Erhaltung und Sanierung des Kurfürstenbads gestimmt. Die Frage war „ja oder nein“, und das Ergebnis mehrheitlich nein. Das ist zu akzeptieren. Soweit, so einfach.

Eine hohe Wahlbeteiligung hat dieser erste Bürgerentscheid in Bonn gehabt. Fast 40%. Die mehrheitliche Entscheidung hat also eine hohe Legitimation. Das muss wohl auch gelten, wenn diese Mehrheit mit 51,64 % denkbar knapp ist.

Goliath hat eben gewonnen, könnte man sagen. Der übermächtige Werbeapparat der Stadtverwaltung und der Stadtwerke hat gemeinsam mit den Dachverbänden des Sports, einigen Sportvereinen und der aktuellen Ratsmehrheit eine Mehrheit gegen den Bürgerentscheid erreicht. Ob David mit dem gleichen finanziellen Einsatz gewonnen hätte, werden wir nicht erfahren.

Die jetzige Mehrheit allerdings ist so knapp, dass ich dazu neige, mir Sorgen zu machen. Sorgen um den Zusammenhalt der Bonnerinnen und Bonner. Polarisieren statt zusammenführen, durchregieren statt Lösungen für alle oder wenigstens fast alle Bonner zu suchen. Das nehme nicht nur ich so wahr.

Bonn hat vier Stadtbezirke. Und bisher gab es in jedem Stadtbezirk ein Hallenbad. In Zukunft werden die Hardtberger und die Beueler ihr Hallenbad behalten, die Bonner bekommen ein Neues in Dottendorf sozusagen als Ersatz für das Frankenbad und die (Bad) Godesberger keins, bzw. teilen das geplante neue Bad mit den Bonnern.

Bei der Verteilung der Stimmen nach Wahlbezirken gibt es ja Interpretationsmöglichkeiten: Deutlich ist jedenfalls, dass die, deren örtlichen Schwimmbäder nicht betroffen waren, mit großer Mehrheit dafür stimmten, dass die Anwohner der anderen Stadtteile ihre beiden Bäder verlieren. Dort wiederum wollten dreiviertel der Wähler ihre örtlichen Bäder behalten und das wird ignoriert. Ich bin sicher, dass bei vorzeitigem technischen AUS des Hardtbergbades oder der Beueler Bütt umgekehrt genau das Gleiche passiert wäre.

Was nicht verwundert, denn den Bonnern wurde versprochen, das neue Bad werde ein Freizeit- und Sport- und Schul- und Vereins - und Wellness- und Therapiebad; und es werde im Betrieb billiger, weil es neben einem Heizkraftwerk steht, und es werde im Bau billiger als die Sanierung zweier maroder Hallenbäder. Außerdem sei da der Vorteil des Querverbundes innerhalb des Stadtwerkekonzerns. Der spare auch, wurde den Bürgern erklärt.

Ob das neue Bad nun tatsächlich so eine eierlegende Wollmilchsau wird, werden wir erst erleben; ich persönlich schätze, es wird ein neues Hallenbad, ohne Schnickschnack, und fertig. Mehr wird die Stadt nämlich nicht bezahlen (wollen und können).

Dass ein Bad wegen der Nähe zum Heizkraftwerk Kosten sparen würde, ist schlicht Quatsch. Hier suggeriert man den Bürgern, es würde quasi ein Kabel gelegt, und der Strom wäre ein Abfallprodukt aus dem Kraftwerk. Nein. Tatsächlich muss völlig standortunabhängig ein eigenes Kleinkraftwerk (KKW) erstellt werden, das seinen Strom zum größten Teil für das Schwimmbad verbraucht, weil man sonst die Verluste aus dem Bad nämlich nicht mit den Gewinnen aus dem Kerngeschäft verrechnen darf. Ein solches KKW kostet etwa 20.000 Euro und kann auf diese Weise für jedes Hallenbad die Nutzung des Steuervorteils, den der Bau und Betrieb durch ein Wirtschaftsunternehmen hat, nutzbar machen.

Eine Verrechnung von Gewinnen mit Verlusten aus dem Bädergeschäft ist im Übrigen nur dann möglich, wenn auch Gewinne erzielt werden. Dies ist, mit Blick auf hohe Investitionen in den zwingenden Ersatz der alten Straßenbahnen jedenfalls nicht sicher.

Und ob das neue Bad billiger wird als eine Sanierung der beiden alten Bäder, werden wir nicht erfahren. Denn das ist der Entscheidung innewohnend; man kann nicht zwei Behauptungen vergleichen, wenn nur eine realisiert wird. Im Umschlag verschlossen liegt mein Tipp für die Kosten des Neubaus. Wettet jemand mit mir?

Den Bonnern wurde übrigens auch gesagt, es wird kein Freibad geschlossen: obwohl die Verwaltung seit Jahren sagt, dass für diese Freibäder das Geld fehlt, und obwohl allen klar ist, dass eine Privatisierung von Freibädern, die derzeit geprüft wird, um Kosten zu reduzieren, nicht gelingen wird.

Stattdessen wurde der SPD vorgeworfen, sie würde lügen. Wer gut aufgepasst hat bei den Verlautbarungen der Stadtverwaltung und des Oberbürgermeisters und der Ratsmehrheit, dem ist aufgefallen, dass alle Versprechen am Ende des Haushaltsjahres 2018 enden. Denn dann müssen wieder alle Kosten auf den Tisch. Wir dürfen gespannt sein. 

Was ich noch spannend finde? Die drei Landtagskandidaten der CDU, FDP und der Grünen sind Mitglied in Rat der Stadt Bonn und haben aktiv gegen die Sanierung des Kurfürstenbades gestimmt, im Rat und wohl auch im Bürgerentscheid. Ob die Bad Godesbergerinnen und Bad Godesberger das bei der Landtagswahl goutieren werden?

FAZIT:

Wenn es den politisch Verantwortlichen nicht gelingt, die Bonnerinnen und Bonner mit großer Mehrheit von strukturellen Entscheidungen zu überzeugen, muss ein ggf. folgender Bürgerentscheid nicht nur formal korrekt durchgeführt werden, sondern mit Anstand, Achtung und fairem Umgang. Redlichkeit, Chancengleichheit, verantwortliche, vollständige und transparente Information müssen dafür sorgen, dass eben nicht das Ergebnis bei der Hälfte der Bonner einen schalen Nachgeschmack hinterlassen.